Offener Brief autonomer Antifaschist_innen an das Bündnis “Dortmund Nazifrei”

Als Reaktion auf die Stellungnahme von “Dortmund Nazifrei” zum ersten Mai 2013 möchten wir uns mit diesem offenen Brief an “Dortmund Nazifrei” wenden und unsere Kritik formulieren.

Wir erwarten von einem Bündnis, welches sich “Nazifrei” nennt, einen ernst gemeinten Anspruch, Naziaufmärsche verhindern zu wollen. Diesem Anspruch ist das Bündnis am 1. Mai nicht gerecht geworden.

Wir sehen es als Fehler von “Dortmund Nazifrei” an, ermöglicht zu haben, dass die Neonazis marschieren konnten. Während das Spektrum, das sich heute maßgeblich im Bündnis “Nazifrei” organisiert, am 1. Mai 2007 immerhin noch Shuttlebusse von der DGB-Demo im Westfalenpark zu den Antifa-Aktionen bereitgestellt hatte, reicht es heute – trotz Gründung eines Bündnisses, das sich die Blockade von Naziaufmärschen auf die Fahne schreibt – nicht einmal mehr dazu. Diese Entwicklung sehen wir als Rückschritt in den Bemühungen, in Dortmund einen breiten Protest gegen die Neonazis auf die Beine zu stellen. Die nachgeschobene Erklärung, “Dortmund Nazifrei” stehe am 1. Mai an der Seite der Gewerkschaften, kann das kaum kaschieren. Es wäre mehr möglich gewesen, auch ohne das Anliegen der Gewerkschaften zu beschädigen.

Gerade vor dem Hintergrund, dass am 1. Mai 2009 die DGB-Demonstration von Neonazis überfallen wurde, finden wir es extrem dürftig und beschämend, lediglich ein Plakat mit der Aufschrift: “Ene, mene Nazifrei – Nazispuk ist jetzt vorbei!” entlang der Naziroute zu plakatieren. Wir fragen uns auch, was die politische Aussage dieses Plakats sein soll. An sich ist eine solche Aktion durchaus in Ordnung und auch wir sind der Auffassung, dass es nicht nur die eine richtige Handlungsoption gibt.

Enttäuscht sind wir jedoch darüber, dass es keinen Austausch bezüglich der Route des Naziaufmarsches gab. Selbst am Montagabend, als euch die Route des Aufmarsches längst bekannt gewesen ist, haben eure Leute auf der Filmveranstaltung im Fritz-Henßler-Haus behauptet, nicht zu wissen, wo die Neonazis marschieren werden. Damit untergrabt ihr die Bemühungen anderer Antifaschist_innen, die auf ihre Weise die Neonazis stoppen wollen und denen diese Information am Montag sicher weitergeholfen hätte.

In diesem Vorgehen offenbart sich nicht nur ein exklusiver Umgang mit wichtigen Informationen, sondern auch eine problematische Nähe zur Polizei. Ihr habt an dieser Stelle eure priviligierte Stellung gegenüber der Polizei über eine Kooperation mit anderen Antifaschist_innen gestellt. Mit der Akzeptanz der unterschiedlichen Mittel und der Einigkeit im Kampf gegen Neonazis ist es offenbar nicht so weit her.

“Blockaden stärken die Falschen?”

Wir fragen uns, was aus eurem Vorsatz, Naziaufmärsche verhindern zu wollen, geworden ist. Sind Blockaden als der massenhafte Zivile Ungehorsam, der natürlich in Gegensatz zu den Plänen der Polizei steht, tatsächlich euer Mittel?

Wir möchten gerne mit blockadewilligen Antifaschist_innen in den Dialog treten und auch mit all denen, die vielleicht vor dem Schritt des unmittelbaren Widerstands zurückschrecken, an anderer Stelle jedoch ihren Teil zum Kampf gegen die Neonazis beitragen wollen.

Wir sind allerdings nicht bereit zum Dialog mit Leuten, denen ihre Nähe zur Polizei wichtiger ist als das solidarische Miteinander der antifaschistischen Akteurinnen und Akteure. Wenn Neonazis auf die Straße gehen, ist Widerstand Pflicht. Das gilt im gerade von euch viel zitierten Dresden genau so wie in Dortmund.

Den latenten Vorwurf, wir als autonome Antifaschist_innen würden eindimensional auf ein “Katz- und Mausspiel” setzen, weisen wir zurück. Ja, wir organisieren direkte Aktionen gegen Naziaufmärsche. In den Raum zu stellen, wir würden uns darauf beschränken, ist angesichts der Infoveranstaltungen, Publikationen, Konzerte und zahlreichen weiteren Aktionen, die autonome Antifaschist_innen Jahr für Jahr in Dortmund organisieren, lächerlich. Anders als ihr sind wir dabei basisdemokratisch organisiert, wir entscheiden selbst, was wir für richtig halten. Einen Oberantifaschisten und gelenkte Parteiendemokratie brauchen wir nicht.

So ist es verwunderlich, dass bestimmte Leute in der Vergangenheit immer wieder von einer “Hochburg des Widerstands” gesprochen haben. Wenngleich es in Dortmund auch erfreuliche Schritte in den letzten Jahren gab: Durch Repression und Plakate allein lassen sich Neonazis nicht bekämpfen. Deshalb fragen wir:

Wo war diese “Hochburg des Widerstands”, als es darauf ankam?

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